MONDNACHT
(Joseph Freiherr von Eichendorff - 1835)
Es war, als hätt' der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt'.
Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
KLOSTERNACHT
(frei nach „Mondnacht“
von Joseph Freiherr von Eichendorff)
Es war, als hätt’ der Pater
Die Nonne nur geküsst,
Damit sie abends immer
Von ihm nun träumen müsst’.
Der Mond schien durch die Luke,
Die Kerze wogte sacht -
Es lauschten leis die Wälder,
So prickelnd war die Nacht.
Und eine Taube spannte
Flugs ihre Flügel aus
Und hoffte, sie bleibt heute
Mal aus der Nummer ’raus ...
VOLL NACHBARSCHAFTLICH VERNACHBART
Der Im-Treppenhaus-Zigarettenqualmer
von oben
Das sich-in-den-ehelichen-Haare-Liegen
von unten
Der vollwöchentlich-Wäscheleine-Belagerer
von rechts
Die We-are-the-Holzkohlen-Grill-Champions
von links
Das Gartenzwerg-mit-Stinkefinger-Bataillon
von hier gegenüber
Die Undercover-Katzenbesuch-Souvenirs
von da gegenüber
Der Ich-will-aber-kann-nicht-Klavierspieler
von hinten / erster Stock
Die sozial-kommunikative-Klatsch-Kompetenz
von hinten / zweiter Stock
Doch alle meine Nachbarn
wären wohl kaum
meine Nachbarn,
wenn sie mich
nicht auch
als ihren Nachbarn hätten ...
REIFE-ÄPFEL-LIMERICK
... und der Dichter sucht voller Entzücken
Ein gehob’neres Wort als nur „pflücken“,
Er sucht ohne Verzagen
Während Wochen und Tagen
Und dann hat er’s gefunden: „sich bücken“ !
„Wenn Politiker und Promis über ihre Aussagen stolpern“ - FAZ
„ (...) laviert in der Defensive“ - Der Spiegel
„aus dem Kontext gerissen und falsch dargestellt“ - zeit.de
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DER AUSRUTSCHER
Beim ersten ...
Hey, Mann,
ist das hier glitschig!
Beim zweiten ...
Ach nee,
schon wieder glatte Sohlen!
Und irgendwann so ab dem dritten
liegts doch wohl an den eignen Schritten
MIT HÜFTSCHWUNG
hüfte schwingend
..hüfte schwingend
....hüfte schwingend
.....hüfte schwingend
......hüfte schwingend
.....hüfte schwingend
..hüfte schwingend
hüfte schwingend
hüfte schwingend
..hüfte schwingend
....hüfte schwingend
......hüfte schwingend
..... hüfte schwingend
.....hüfte schwingend
...hüfte schwingend
hüfte schwingend
blicke erringend
...blicke erringend
.....blicke erringend
.......blicke erringend
.....blicke erringend
...blicke erringend
blicke erringend
blicke erringend
männerverschlingend
..männerverschlingend
....männerverschlingend
....männerverschlingend
..männerverschlingend
männerverschlingend
.....blicke errungen,
männer verschlungen -
......hüftschwung
........gelungen!
UND FÜHRE UNS NICHT HINTERS LICHT
So manch einer
wäre ja schon
des Öftern
über seinen Schatten
gesprungen,
klagt er –
hätte ihn nur
die Sonne
nicht immer
so grell verblendet,
sagt er.
ÜBER DEN WOLKEN
(Reinard Mey - 1974)
Über den Wolken
Muss die Freiheit wohl grenzenlos sein
Alle Ängste, alle Sorgen
Sagt man
Blieben darunter verborgen
Und dann
Würde was uns groß und wichtig erscheint
Plötzlich nichtig und klein
POSTFAKTISCH
(nach "Über den Wolken" / Reinhard Mey)
Über den Fakten
Muss die Freiheit wohl grenzenlos sein
Sich um klares Wahres sorgen
Sagt man
Hat noch Zeit bis übermorgen
Und dann:
Sorry, dumm gelaufen, Realität,
Kommst zwei Tage zu spät ...
DER SOCKEN-LIMERICK
Ach, was tut man so schrecklich erschrocken
Bei durchlöcherten Strümpfen und Socken!
Doch der Vorteil all’mal
Ist trotzdem kapital,
Denn beim Waschen sind die schneller trocken.
ALLE JAHRE WIEDER EIN JAHR
... so ein Quantum Zeit
von
365 d 5 h 48 min 45,261 s
resp.
365,24219052 Tage
d.h.
in der Dicke
ca. 21-35 mm Abreißkalender
oder
vereinfacht & gerundet
das Stück Leben
zwischen
Wiener Radetzky-Marsch
und
Dinner-for-One
DIE MENSCHHEIT DER ENTWICKLUNG
Einst haben die Kerls auf den Bäumen gehockt,
behaart und mit böser Visage.
Dann hat man sie aus dem Urwald gelockt*
und die Welt kultiviert und aufgestockt
mit ’ner tollen Entourage:
von apparenten Prominenzen,
emergenten Kompetenzen,
omnipräsenten Subsistenzen
über eminente Ingredienzen,
opulente Effizienzen,
eloquente Hochpotenzen
bis hin zu persistenten Referenzen,
multivalenten Evidenzen,
gar magnifizenten Quintessenzen ...
So haben sie sich feudal kunterbunt
als Menschheit dann selbst neu erschaffen.
Doch davon mal abgesehen und
bei Lichte betrachtet sind sie im Grund
noch immer die alten Affen.*
(*Die Entwicklung der Menschheit“ – Erich Kästner, 1932)
DIE FRAU AM KLAVIER
Mit höchster Inbrunst und höchstem Pläsier
Verwirklicht Frauchen sich am Klavier –
Obschon dass ich doch viel lieber hätte,
Sie spiele Flöte oder Klarinette,
Ja, weil sie bei diesem Gedudel dann
Nicht auch noch gleichzeitig singen kann ...
DER VERRISS
Der ganze Saal tobte -
Ringsherum Standing Ovations!
Enthusiasmus bis ins Gebälk!
Doch da saß ja,
da saß ja zum Glück
dieser eine Intellektuelle,
dieser eine Hochkarätige
unter hunderten und aberhunderten
von Knalltüten & Flachpfeifen,
Dumpfbacken & Hohlbirnen
BRUMMSCHÄDEL-LITANEI
Mit halbem Auge erwacht die Welt,
flau der Magen,
der Rachen verdorrt.
Heiliger Brummschädel,
brumm für uns!
Blende und Belichtungszeit -
sadistisch quält die Qual!
Ja, wer löscht denn mir die Sonne aus?
Heiliger Brummschädel,
brumm für uns!
Das Rundherum schwillt an,
jeder Gedanke schmerzt einzeln-
und wäre er auch nur in schwarz-weiß gedacht.
Heiliger Brummschädel,
brumm für uns!
Sie wummert im largo, die dritte Halbzeit,
hackt und pocht,
was das Staccatissimo hält.
Heiliger Brummschädel,
brumm für uns!
Es katert zwischen Filmriss und Rollmöpsen,
schluckst so säuerlich
nach Absacker und letztem Bier.
Heiliger Brummschädel,
brumm für uns!
Spiel jetzt intellektuell und nenn es Hangover
oder zeitverzögert alkoholinduziert -
mir ist einfach nur unter-aller-Sau-speikotzübel!
AMEN