Band 4 - (2017/18)

 

 

MONDNACHT

(Joseph Freiherr von Eichendorff - 1835)

 

 

Es war, als hätt' der Himmel

Die Erde still geküßt,

Daß sie im Blütenschimmer

Von ihm nun träumen müßt'.

 

Die Luft ging durch die Felder,

Die Ähren wogten sacht,

Es rauschten leis die Wälder,

So sternklar war die Nacht.

 

Und meine Seele spannte

Weit ihre Flügel aus,

Flog durch die stillen Lande,

Als flöge sie nach Haus.

 

 

 

KLOSTERNACHT

(frei nach „Mondnacht“

von Joseph Freiherr von Eichendorff)

 

Es war, als hätt’ der Pater

Die Nonne nur geküsst,

Damit sie abends immer

Von ihm nun träumen müsst’.

 

Der Mond schien durch die Luke,

Die Kerze wogte sacht -

Es lauschten leis die Wälder,

So prickelnd war die Nacht.

 

Und eine Taube spannte

Flugs ihre Flügel aus

Und hoffte, sie bleibt heute

Mal aus der Nummer ’raus ...


 

 

 

VOLL NACHBARSCHAFTLICH VERNACHBART

 

Der Im-Treppenhaus-Zigarettenqualmer

von oben

Das sich-in-den-ehelichen-Haare-Liegen

von unten

Der vollwöchentlich-Wäscheleine-Belagerer

von rechts

Die We-are-the-Holzkohlen-Grill-Champions

von links

Das Gartenzwerg-mit-Stinkefinger-Bataillon

von hier gegenüber

Die Undercover-Katzenbesuch-Souvenirs

von da gegenüber

Der Ich-will-aber-kann-nicht-Klavierspieler

von hinten / erster Stock

Die sozial-kommunikative-Klatsch-Kompetenz

von hinten / zweiter Stock

 

Doch alle meine Nachbarn

wären wohl kaum

meine Nachbarn,

wenn sie mich

nicht auch

als ihren Nachbarn hätten ...

 

 

 

 

REIFE-ÄPFEL-LIMERICK

 

... und der Dichter sucht voller Entzücken

Ein gehob’neres Wort als nur „pflücken“,

Er sucht ohne Verzagen

Während Wochen und Tagen

Und dann hat er’s gefunden: „sich bücken“ !

 

 

 

 

„Wenn Politiker und Promis über ihre Aussagen stolpern“ -  FAZ

„ (...) laviert in der Defensive“ - Der Spiegel

„aus dem Kontext gerissen und falsch dargestellt“  - zeit.de

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DER AUSRUTSCHER

 

Beim ersten ...

Hey, Mann,

ist das hier glitschig!

Beim zweiten ...

Ach nee,

schon wieder glatte Sohlen!

 

Und irgendwann so ab dem dritten

liegts doch wohl an den eignen Schritten

 

 

 

 

 MIT HÜFTSCHWUNG

 

hüfte schwingend

..hüfte schwingend

....hüfte schwingend

.....hüfte schwingend

......hüfte schwingend

.....hüfte schwingend

..hüfte schwingend

hüfte schwingend

hüfte schwingend

..hüfte schwingend

....hüfte schwingend

......hüfte schwingend

..... hüfte schwingend

.....hüfte schwingend

...hüfte schwingend

hüfte schwingend

blicke erringend

...blicke erringend

.....blicke erringend

.......blicke erringend

.....blicke erringend

...blicke erringend

 blicke erringend

blicke erringend

männerverschlingend

..männerverschlingend

....männerverschlingend

....männerverschlingend

..männerverschlingend

männerverschlingend

 

.....blicke errungen,

männer verschlungen -

......hüftschwung

........gelungen!

 

 

 

 

UND FÜHRE UNS NICHT HINTERS LICHT

 

So manch einer

wäre ja schon

des Öftern

über seinen Schatten

gesprungen,

klagt er –

hätte ihn nur

die Sonne

nicht immer

so grell verblendet,

sagt er.

 

 

 

 

ÜBER DEN WOLKEN

(Reinard Mey - 1974)

 

Über den Wolken

Muss die Freiheit wohl grenzenlos sein

Alle Ängste, alle Sorgen

Sagt man

Blieben darunter verborgen

Und dann

Würde was uns groß und wichtig erscheint

Plötzlich nichtig und klein

 

 

 

POSTFAKTISCH

(nach "Über den Wolken" / Reinhard Mey)

 

Über den Fakten

Muss die Freiheit wohl grenzenlos sein

Sich um klares Wahres sorgen

Sagt man

Hat noch Zeit bis übermorgen

Und dann:

Sorry, dumm gelaufen, Realität,

Kommst zwei Tage zu spät ...


 

 

 

DER SOCKEN-LIMERICK

 

Ach, was tut man so schrecklich erschrocken

Bei durchlöcherten Strümpfen und Socken!

Doch der Vorteil all’mal

Ist trotzdem kapital,

Denn beim Waschen sind die schneller trocken.

 

 

 

 

ALLE JAHRE WIEDER EIN JAHR

 

... so ein Quantum Zeit

von

365 d 5 h 48 min 45,261 s

resp.

365,24219052 Tage

d.h.

in der Dicke

ca. 21-35 mm Abreißkalender

oder

vereinfacht & gerundet

das Stück Leben

zwischen

Wiener Radetzky-Marsch

und

Dinner-for-One

 

 

 

 

DIE MENSCHHEIT DER ENTWICKLUNG

 

Einst haben die Kerls auf den Bäumen gehockt,

behaart und mit böser Visage.

Dann hat man sie aus dem Urwald gelockt*

und die Welt kultiviert und aufgestockt

mit ’ner tollen Entourage:

 

von apparenten Prominenzen,

emergenten Kompetenzen,

omnipräsenten Subsistenzen

 

über eminente Ingredienzen,

opulente Effizienzen,

eloquente Hochpotenzen

 

bis hin zu persistenten Referenzen,

multivalenten Evidenzen,

gar magnifizenten Quintessenzen ...

 

So haben sie sich feudal kunterbunt

als Menschheit dann selbst neu erschaffen.

Doch davon mal abgesehen und

bei Lichte betrachtet sind sie im Grund

noch immer die alten Affen.*

 

 

(*Die Entwicklung der Menschheit“ – Erich Kästner, 1932)

 

 

 

 

DIE FRAU AM KLAVIER

 

Mit höchster Inbrunst und höchstem Pläsier

Verwirklicht Frauchen sich am Klavier –

Obschon dass ich doch viel lieber hätte,

Sie spiele Flöte oder Klarinette,

Ja, weil sie bei diesem Gedudel dann

Nicht auch noch gleichzeitig singen kann ...

 

 

 

 

DER VERRISS

 

Der ganze Saal tobte -

Ringsherum Standing Ovations!

Enthusiasmus bis ins Gebälk!

 

Doch da saß ja,

da saß ja zum Glück

dieser eine Intellektuelle,

dieser eine Hochkarätige

unter hunderten und aberhunderten

von Knalltüten & Flachpfeifen,

Dumpfbacken & Hohlbirnen

 

 

 

 

BRUMMSCHÄDEL-LITANEI

 

Mit halbem Auge erwacht die Welt,

flau der Magen,

der Rachen verdorrt.

 

Heiliger Brummschädel,

brumm für uns!

 

Blende und Belichtungszeit -

sadistisch quält die Qual!

Ja, wer löscht denn mir die Sonne aus?

 

Heiliger Brummschädel,

brumm für uns!

 

Das Rundherum schwillt an,

jeder Gedanke schmerzt einzeln-

und wäre er auch nur in schwarz-weiß gedacht.

 

Heiliger Brummschädel,

brumm für uns!

 

Sie wummert im largo, die dritte Halbzeit,

hackt und pocht,

was das Staccatissimo hält.

 

Heiliger Brummschädel,

brumm für uns!

 

Es katert zwischen Filmriss und Rollmöpsen,

schluckst so säuerlich

nach Absacker und letztem Bier.

 

Heiliger Brummschädel,

brumm für uns!

 

Spiel jetzt intellektuell und nenn es Hangover

oder zeitverzögert alkoholinduziert -

mir ist einfach nur unter-aller-Sau-speikotzübel!

 

AMEN

 

 

 

 

(2017 / 18)